Porträt
Ausgestopfte Tiere sind en vogue und gefragt. Sie werden heute aber nicht mehr einfach mit Holzwolle gefüllt, sondern auf komplexen Ersatzkörpern aus Kunststoff aufgezogen. Ausser dem Fell und den Federn, vielleicht manchmal dem Schädel, den Krallen und den Zähnen bzw. dem Schnabel ist an einem Tierpräparat nichts mehr tierisch. Der Balg wird auch nicht mehr wie früher mit giftigem Arsen bearbeitet, um die Haut zu konservieren bzw. von zersetzenden Schädlingen freizuhalten.
Anders als früher handelt es sich bei zeitgenössischen Tierpräparaten auch kaum je noch um Trophäen, sondern um Tiere aus Zoos und Tierparks. Stirbt dort ein Tier, wird es oft – gerade wenn es eine seltene Spezies ist – dem Tierpräparator übergeben, der das Äussere des Tieres für die Ewigkeit konserviert und es für den Verkauf an Sammler vorbereitet.
In Frankreich und England war Taxidermie um die Jahrhundertwende ein grosses Thema. Forschende und Reisende nahmen von ihren Aufenthalten exotische Fundstücke mit. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam das Sammeln von Tierpräparaten aber total aus der Mode. Nun ist es wieder ein Thema. Der Zürcher Sammler und Szenekenner Christian D. Link, Inhaber der «Wunderkammer», die derzeit mit einem temporären Laden an der Kirchgasse in der Zürcher Altstadt gastiert, handelt seit etwa zehn Jahren mit Tierpräparaten und hat sich einen überregionalen Ruf als Spezialist für besondere Exponate erarbeitet. Seit ungefähr 10 Jahren, sagt Link, sei Taxidermie wieder für breitere Kreise von Kunden interessant.
«Man wohnt wieder etwas opulenter, die Menschen kreieren zu Hause ihre eigenen Sammleroasen», sagt Christian D. Link. So gebe es mehr und mehr neue Fans der alten Kunst. Der «Alpenchic» mit Hirschköpfen und Geweihen habe den Weg geebnet, eine grosse Rolle für das Comeback der Taxidermie habe aber sicher auch der englische Künstler Damien Hirst mit seinen eingelegten Tieren gespielt, so Link. «Als Geschäftsmann finde ich das neue Interesse an den Präparaten natürlich gut», sagt der Fachmann unverblümt, «doch als Liebhaber und Sammler ist mir der Hype auch ein bisschen unheimlich.»
Das ist der Chrigi
Exotische Vögel mit schillerndem Gefieder oder merkwürdigen Proportionen sind besonders gefragt, etwa Tukane. Auch Schmetterlinge stehen hoch im Kurs. Etwas schwieriger sind Raubtiere, gerade Leoparden. Und ganz knifflig sind Affen, die dem Menschen recht nahe stehen. Christian D. Link bezieht seine Tiere in den allermeisten Fällen von Zoos, manchmal kauft er Präparate aus alten Sammlungen. Provenienzen und Papiere sind wichtig. Jagdtrophäen sind heute kaum noch ein Thema. Mit «zum Spass» erlegten Tieren will Link aus ethischen Gründen nicht handeln.
Was fasziniert die Menschen am präparierten Tier? Was bringt sie dazu, solche Exponate zu Hause auf zustellen, als Blickfang im Entrée oder als Fokuspunkt im Wohnzimmer? «So ein Tier zieht automatisch die Blicke auf sich», erklärt Christian D. Link. «Es ist wohl ein archaischer Reflex: Wenn man ein Tier sieht, melden sich entweder Jagd- oder Fluchtinstinkte.» Eine besondere Attraktion seien etwa auch Krähen und Rabenvögel: «Das sind mystische Tiere, die auf manche Menschen magische Wirkung haben.»